In der Serie „0711er der Woche“ stellen wir euch jeden Montag einen Stuttgarter vor, den man unter Umständen kennt – und doch nicht so recht kennt. Leute, die unsere Stadt durch ihr Schaffen auf verschiedenste Art bereichern, aber oftmals doch im Hintergrund bleiben. Menschen wie du und ich, die ihren Teil dazu beitragen, dass Stuttgart das ist, was es ist: unsere Stadt, die Mutterstadt. Nachdem wir mit dem jeweiligen 0711er etwas Zeit verbringen, verewigen sie sich in unserem 0711er Buch.
Stangenware kommt ihr gar nicht erst in die (Einkaufs-)Tüte! Jennifer Reaves umgibt sich gerne mit außergewöhnlichen Designs und auserlesenen Schmuckstücken. Was für ein Glück, dass sie als Geschäftsführerin der Designmesse „blickfang“ genau an der Quelle sitzt. Wer hätte da gedacht, dass die sympathische Wahl-Stuttgarterin dort einst rein zufällig reingeschlittert ist! Dies und den ein oder anderen Schwank aus ihrem Leben verriet uns Jennifer bei einer Limo in der Sattlerei.
Ein Text von Maren mit Fotos von Saeed
Das Licht der Welt hat unsere 0711erin in der Westpfalz erblickt. Etliche Umzüge später – damit einhergehend, dass ihr Dad in der Armee war – hatte es die Familie ins beschauliche Gärtringen verschlagen. Das klingt nicht nur verdächtig nach dem Ländle, sondern befindet sich auch bloß einen Katzensprung vom Kessel entfernt: zwischen Böblingen und Herrenberg genauer gesagt. Dort verbrachte Jennifer ihre gesamte Abi-Zeit. Der Lebensmittelpunkt der Familie sei aber seit eh und je Stuttgart gewesen, sagt sie. Just die Abi-Prüfungen hinter sich, zog die damals 19-Jährige mit ihrer Schwester in die Mutterstadt.
Schule rum – und jetzt? Jennifer hatte erst mal keinen Schimmer. Dann warf ihr ihre beste Freundin auf dem Weg zum Flughafen noch eine Prinz-Ausgabe zu. Bei den Stellenanzeigen entdeckte sie ein Praktikum bei der blickfang. Sie bewarb sich. Und hatte den Job. Dass sie überhaupt genommen wurde, wundert die 37-Jährige noch immer: Eis schleckend und im Trägertop saß die Skandalnudel den Geschäftsführern vor 18 Jahren beim Bewerbungsgespräch gegenüber, berichtet sie schmunzelnd. Das sollte der Beginn ihrer treu gesinnten beruflichen Laufbahn sein: Nach der Verlängerung des Praktikums wurde eine Projektleiterstelle für die „Abenteuer Sport“ – eine Trend und Funsport-Messe – frei. „Das war genau mein Thema, weil ich so auf diese Jungs stand und aus dem Breakdance und Skater-Bereich kam.“ Mit gerade einmal 20 habe sie die Projektleitung übernommen. In der Pilotklasse der Baden-Badener Event-Akademie bekam sie schließlich die Möglichkeit, mit der damals neu hervorgehenden Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau ihr Können unter Dach und Fach zu bringen.
Etwas auf die Beine zu stellen, was vielen Leuten Spaß macht – das begeistert mich.
Mit der blickfang um die halbe Welt
Jennifer arbeitete sich zur strategischen Leitung der blickfang hoch und war damit für den Relaunch der Marke verantwortlich, sowie für den Aufbau der neuen Standorte Tokio, Kopenhagen, München und Hamburg. Vor rund vier Jahren habe sie schließlich an der Seite von Gründer und Eigentümer Dieter Hofmann die Geschäftsführung übernommen. Da sie sowieso bereits auf partnerschaftlicher Ebene miteinander arbeiteten, lag dieser Schritt quasi auf der Hand. „Die blickfang ist immer noch meins, ich bin da ein ganz loyaler Mensch“, erläutert sie. Das absolute Privileg bei der Designmesse: Vom Relaunch über neue Standorte und den Onlineshop habe sie immer die Möglichkeit gehabt, sich in neue Themen reinzufuchsen – da wird’s niemals langweilig!
Im gleichen Sinne wie ihrem Arbeitgeber, ist sie auch Stuttgart immer treu geblieben. Nachdem all ihre Freundinnen spätestens im Studium Auslandserfahrung sammelten, habe sie sich zwischendrin immer mal wieder gefragt, ob sie nicht irgendwas verpasst habe. „Ach, nur ein Hirngespinst“, tat sie den inneren Wunsch ab. Schließlich kam sie durch die blickfang aber doch noch zu ihrem Tapetenwechsel: Von 2005 bis 2010 ging es für Jennifer mit Sack und Pack für je ein halbes Jahr in die japanische Hauptstadt Tokio, denn die dortige Designmesse war ihr Projekt. Der Sprung ins kalte Wasser samt fremder Sprache und Kulturschock sei ihr Auslandsaufenthalt gewesen, mit dem sie fortan aussöhnte. Außerdem, fügt sie hinzu, sei sie im Schnitt zwei Mal die Woche auf Geschäftsreise in Kopenhagen, New York, Mailand, Wien oder Zürich. „Das ist echt cool, aber ich komme dann auch gerne wieder zurück nach Hause“, bekennt sie. Denn: “Ich bin jemand ganz loyales, ich brauche eine Homebase – das ist Stuttgart für mich und meine Family.”
Ich bin gerne in Bewegung, das brauche ich auch. Aber ich mag – zumindest privat – keine Veränderungen. Deswegen fühle ich mich gerade total wohl!
Von Partyplänen und Jugendsünden
Ein Organisations-Ass durch und durch? Definitiv! Neben dem Einfädeln von Abiball und Abizeitung habe sie mit einer Freundin zu Schulzeiten Pläne für das Herausbringen einer Hip-Hop Zeitschrift geschmiedet. Also seien sie zu Gruner und Jahr nach Hamburg getingelt und hatten sich erst mal einen lieben langen Tag durch die Räumlichkeiten führen lassen. Nun gut, aus dem Magazin wurde schlussendlich nichts. Stattdessen stellten sie eine Party sondergleichen auf die Beine. Mit gefühlt zwölf anderen Leuten haben sie eine „Firma“ gegründet und im MGM in Kornwestheim die Fete ihres Lebens geschmissen. „Die Party war geil, aber wir waren naiv und wollten uns gerne in den Vordergrund spielen, während die anderen eben Geld verdienen wollten“, erinnert sie sich.
Ich hab‘ mich immer gerne vor den Karren spannen lassen, wenn es um irgendetwas ging. Das vereint mein Job bei der Blickfang jetzt sehr gut!
Ihr Stilempfinden habe sich über die Jahre entwickelt, erzählt unsere 0711erin. „Ich war vorher schon modisch interessiert, aber das ging oft in die Hose, muss ich immer wieder feststellen, wenn ich mir alte Fotos anschaue“, führt die Stilliebhaberin aus. Wie es mit Jugendsünden aussieht wollen wir wissen. „Ich bin niemand, der sich für etwas schämt, was er in der Vergangenheit gemacht hat. Im Gegenteil, ich stehe dazu“, entgegnet sie. Während ihr Herz früher für Mode höher schlug, seien es heute Möbel und Interior Design. Ihre Persönlichkeit trage sie gerne durch ihr Auftreten und Aussehen nach Außen. Produkte von der Stange sind dementsprechend nicht ihr Fall. Ihr Kleiderschrank und die Wohnungseinrichtung bestehen deshalb hauptsächlich aus blickfang-Artikeln. „Mein Job bietet mir den ultimativen Zugang zu diesen Dingen“, schwärmt sie.
Herzblut für gutes Design
Was sie an ihrem Job neben dem ständigen Auseinandersetzen mit Design- und Gestaltungsthemen außerdem liebt? Der Kontakt mit kreativen Persönlichkeiten: „Das Metier ist so wenig businessmäßig, denn die Menschen lieben das was sie tun. Und das mag ich, weil ich genauso ticke.“ Außerdem habe sie das Gefühl, dass sie in den Karrieren der Kreativköpfe viel bewegen kann. Wenn die nächste Designmesse in den Startlöchern steht, schlage ihr Veranstalterherz jedes Mal aufs Neue höher. Und nach sage und schreibe 18 Jahren (!) blickfang lege sie beim Aufbau so ziemlich jeder Veranstaltung immer noch selbst Hand an. „Wir arbeiten ja ein ganzes Jahr an diesen sieben Veranstaltungen und dann kommen tausende Leute zusammen, weil wir Mädels im Büro das zusammen gestellt haben. Das ist ein tolles Gefühl“, erläutert sie.
Ich muss gestehen: Ich bin ein totaler Konsummensch, ich liebe Sachen!
Von Bühnenauftritten über Pressekonferenzen und Interviews fürs TV oder Magazine: Die Position als Geschäftsführerin würde es mit sich bringen, dass sie oft in der Öffentlichkeit präsent sei. „Das hat mich total angefixt“, erzählt sie. Aktuell sei sie am überlegen, wo die Reise noch hingehen könne. „Ich bin gerade an dem Punkt, dass ich denke: Wenn ich 60 bin und genauso weiter mache wie bisher, habe ich vielleicht nicht alles aus mir herausgeholt.“ Wer weiß, vielleicht geht da ja noch irgendwo eine Tür auf!? Sie sei aber auch so rundum happy: „Ich habe mit der blickfang viel zu tun, zwei Kinder und einen Mann – mein Leben ist schon sehr ausgefüllt.“
Apropos: Von ihrem Mann verlange die Geschäftsführerin so einiges ab, weil er oft den Haushalt alleine schmeißen müsse. „Aber ich kann auch nicht still sitzen, ich brauche den Stress ein Stück weit“, so der Workaholic. Um abzuschalten, habe sie irgendwann das Wandern für sich entdeckt: „Das Bewegen in der Natur ist für mich der absolute Ausgleich.“ Und so marschiert sie mit ihrer Family regelmäßig mit lediglich mit einem GPS ausgestattet etwa durch die andalusischen Berge. Ansonsten versuche sie sich so viel Ehezeit freizuschaufeln, wie es ginge, die sie und ihr Mann vorzugsweise bei Konzerten, Festivals oder Restaurantbesuchen verbringen.
In diesem Sinne: Bleib weiterhin eine so inspirierende und passionierte Persönlichkeit, liebe Jennifer! Wir sind gespannt, mit welchen außergewöhnlichen Design-Schätzchen du und dein Team uns weiterhin überraschen werdet.
BLICKFANG @ WEBSITE
BLICKFANG @ FACEBOOK
NAME … Jennifer Reaves – ALTER … 37
HERKUNFT … Zweibrücken – STADTTEIL … Killesberg
WAS ICH SO MACH’ … Die Internationale Designmesse blickfang
MEIN LIEBLINGSORT IN STUTTGART IST … Mein zu Hause
GLÜCKLICH MACHEN KANN MAN MICH MIT … Sonne, Freizeit, Eis, Nachmittag am Pool etc.
MEIN PERFEKTES WOCHENENDE VERBRINGE ICH MIT … Meiner Familie beim Wandern
ICH KANN NICHT OHNE … Meine Familie
DAS SOLLTE MAN GESEHEN HABEN … Die blickfang
DAS MACHE ICH, WENN KEINER ZUSCHAUT … Eben Sachen, die keiner sehen oder wissen soll!
ICH HASSE AN STUTTGART … Parkautomaten in Wohngebieten, das gesamte Gebiet rund um den HBF
WENN NICHT STUTTGART, DANN … Hamburg
DAS HABE ICH IMMER IM GEPÄCK … Handcreme & Lippenstift
WENN ICH MORGENS AUFSTEHE, MACH ICH DAS IMMER ZUERST … Nachrichten lesen und Emails checken.
SO KRIEGT MAN MICH RUM … Zu was rumkriegen?
WENN ICH DIE FREIE WAHL HÄTTE, WÜRDE ICH HEUTE ABENDESSEN MIT … meinem Mann
UND ZWAR WO? … Zu Hause am Pool
STUTTGART, ICH WOLLTE DIR SCHON IMMER EINMAL SAGEN …