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FloFilz hat sich in den letzten Jahren in die Champions League der deutschen Beatmacher produziert. Wir sprachen mit dem sympathischen Aachener über Pete Rock, Social Media und natürlich Hip-Hop-Beats.

Ein Interview von Marcel Schlegel


FloFilz – ein Name wie ein Remix

Warum eigentlich FloFilz?
FloFilz: „Gute Frage! Also die erste Variante meines Künstlernamens lautete ,FloFills’. Warum Flo, das dürfte naheliegen, denke ich, und auf das ,Fills’ bin ich gekommen, weil ich anfangs – und eigentlich immer noch – viele Remixes gebastelt habe. Ich hatte den Gedanken, dass das Remixen eine Art Auffüllen der Vocals mit einem neuen Beat ist.“

Und wie kamst du dann auf „Fills“

F: „Naja, es gibt bekanntlich sogenannte ,Drum Fills’, also Übergänge des Drummers von einem Teil eines Songs in den nächsten. Das ,Fills’ wurde dann zu ,Filz’, weil ich das irgendwie griffiger fand. Das hat aber nichts mit dem Stoff oder verfilzten Haaren zu tun, wie manche vielleicht denken.“ (lacht)

FLO HAT UNS SEINE AKTUELLEN TOP5 SONGS VERRATEN. ZUR PLAYLIST:

Gerade in den letzten Jahren sind die Producer im Lande in Sachen Hip-Hop zunehmend in den Fokus gerückt. Irgendwann war es wieder okay, ja gewünscht, dass Produzenten Instrumental-Platten veröffentlichen. Woher kommt diese Entwicklung?
F: „Ich denke, dass jeder irgendwann mal Lust bekommt, sein eigenes Ding zu machen. Zusammenarbeiten mit MCs, Sängern und so weiter macht auf jeden Fall alles Bock, aber es ist halt auch super, wenn man komplett das machen kann, was man sich persönlich vorstellt.“

Überspitzt ausgedrückt: War diese Entwicklung, die genau genommen ja nichts Neues ist, längst überfällig?
F: „Schwer zu beurteilen. Eigentlich entwickelt sich so ein Trend ja über die Zeit von selbst weiter. Jemand sieht: ,Oh der hat ’ne Beat-Scheibe rausgehauen und sie ist dope’ – und wird dadurch motiviert, selbst etwas in die Richtung zu machen. Den ersten Domino-Stein haben meiner Meinung nach Leute wie Dilla und Pete Rock angestoßen.

 

Mittlerweile ist das alles fast schon zu einem Tsunami an Instrumental-Releases angewachsen.

 

Also keine gute Entwicklung?

F: „Ich find’s persönlich manchmal schon etwas zu viel, aber insgesamt ist diese Entwicklung natürlich cool – und auch, dass dadurch so viele Leute auf den Geschmack kommen und gekommen sind.“

War der Producer gegenüber dem MC zuvor benachteiligt, was die Aufmerksamkeit angeht?

F: „Das kann man wahrscheinlich so oder so sehen. Ich find’s manchmal etwas schade, dass der Producer vor allem in den USA oft immer noch komplett im Hintergrund steht. Aber viele wollen das auch so beziehungsweise es stört sie nicht. Letztens noch ’nen Tweet von Kaytranada gelesen, in dem er meinte, dass er nicht mehr will, dass sein Name bei seinen Beats und Features im Titel genannt wird. Die ,richtigen Heads’ wissen eigentlich eh immer genau, wer was produziert hat – selbst wenn kein Name dahinter steht.“

Mit Dexter und Co. fing alles an

Die Szene der Beatmacher scheint bundesweit mittlerweile gut vernetzt. Wie ist das Verhältnis untereinander?
F: „Bisher waren alle, die ich kennen gelernt habe, immer super nett und entspannt. Teilweise sind auch Freundschaften entstanden.“

Worüber spricht man, wenn sich zwei Hip-Hop-Produzenten treffen. Geht’s da nur um Beats, Vinyl und dergleichen?
F: „Ja, meistens redet man schon viel über die genannte Sachen und dann auch über Gigs, Social Media und so weiter. Aber es geht auch schon mal in andere Richtungen, wenn man sich dann etwas besser kennt.“

Deine ersten öffentlichen Gehversuche in Sachen Beats fallen genau in die angesprochenen letzten Jahre, in denen die Producer wieder mehr in den Mittelpunkt rücken. Haben dich Leute wie Suff Daddy, Hulk Hodn, Dexter und andere inspiriert?
F: „Mit der Liste hast du eigentlich den Nagel schon so ziemlich auf den Kopf getroffen! Ich bin eigentlich erst relativ spät über den Jazz zum Hip-Hop gekommen, habe ,A Tribe Called Quest’ gehört – und von dann war’s um mich geschehen. Dann schickte mir ein Kumpel mal einen YouTube-Link zu der ,Jazz Files’-Scheibe von Dexter, die mich direkt gecatcht hat. Dadurch kam ich mit der Zeit auf Hulk Hodn, Hubert Daviz und Co.“

Und wie ging es weiter – vom bloßen Hören zum Produzieren?
F: „Ich habe immer mehr Bock bekommen, selbst was in die Richtung zu machen, und irgendwann einfach damit angefangen. Eine ,Fruity Loops’-Installation, viele Tutorials und mehrere Monate später kamen dann die ersten hörbaren Sachen bei rum.“

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Beatmacher sind meistens Vinyl-Nerds. Wie sieht das bei Dir aus – auch einen „Plattenbau“ zu Hause?
F: „Ich habe erst relativ spät angefangen, mir gezielt Platten zuzulegen. Mittlerweile hat sich da aber auch schon einiges – hauptsächlich Jazz – angesammelt. Allerdings noch nicht so viel wie bei einigen anderen Kollegen.“

Was zeichnet für dich Vinyl aus?
F: „Ich finde das Medium einfach faszinierend – gerade die Möglichkeit, eine Platte zu finden, die kaum ein anderer vorher in der Hand hatte, dann natürlich Sound, Haptik und insgesamt die Geschichtsträchtigkeit von Vinyl, alles sehr faszinierend und ein einzigartiges Erlebnis.“

Flos Beat sollen überraschen

Dein Sound klingt jazzy, entspannt – ja klassisch. Wie würdest du deine Musik selbst charakterisieren?

F: „Ich finde das immer schwer, sich selbst zu charakterisieren, aber jazzy auf jeden Fall. Ich versuche aber immer, mich weiterzuentwickeln und experimentiere gerne. Vor allem fürs nächste Release – ist jetzt noch nichts Konkretes geplant – habe ich mir vorgenommen, nochmal etwas zu machen, was vielleicht nicht alle direkt in dieser Form erwarten. Ich will nicht, dass es in Interviews heißt: ,Deine neue Platte ist draußen und sie klingt wie man es von dir gewohnt ist.’ Ich möchte überraschen. Der eigene, typische Sound schwingt aber ohnehin immer mehr oder weniger mit, was aber auch nichts Negatives sein muss.“

Du spielst unter anderem Geige und hast Musik studiert. Welche Vorteile bringt das?

F: „Eigentlich beeinflusst mich das beim Produzieren nicht direkt. Indirekt kann es aber von Vorteil sein, wenn man weiß, wie sich Sachen sauber anhören sollten. Auch bei Elementen wie Baselines oder Keys hilft es sicher.“

Wenn es um Hip-Hop geht, leben die meisten ihre Dogmen: Oldschool oder neuen Scheiß, nur analog oder durchaus auch Computer-Producing. Wie sieht das bei Dir aus?
F: „Alles gemischt. Ich mache viel am PC, aber benutze auch gerne ältere Geräte, beispielsweise die Sp 202, oder neuerdings Push 2. Am Ende zählt doch eh nur das Ergebnis.“

Wie stehst du zu solchen Dogmatikern?
F: „Das sollte jedem selbst überlassen sein. Es gibt halt Leute, die 20 Drumcomputer und Synths im Wert von zig tausenden Euro daheim stehen haben und es kommt nichts Gescheites bei rum, oder die Dinger werden gar nicht erst benutzt – außer für Instagram-Posts. Hubert Daviz und ich nennen dieses Phänomen gerne spaßeshalber ,Geräte-Fame’.“

Viele Bedroom-Producer, deren Musik in der Vor-Internet-Zeit wohl nie die breite Öffentlichkeit erreicht hätten, sind durch YouTube, Soundcloud und Co. bekannt geworden. Das Internet also: Fluch oder Segen?
F: „Für mich persönlich auf jeden Fall Segen. Ohne Soundcloud und Co. wäre ich auch nicht da, wo ich jetzt bin. Das Soundcloud von heute ist aber irgendwie auch nicht mehr dasselbe. Damals war der Community-Aspekt gefühlt stärker. Durch Sachen wie Soundcloud Go hat sich der Vibe ein bisschen verändert. Aber teils liegt es sicher auch an der persönlichen Entwicklung.“

Abendessen mit US-Legende

Was meinst du damit?

F: „Anfangs hab’ ich so ungefähr jeden Tag ’nen Beat auf Soundcloud rausghauen, aber nach den ersten richtigen Releases und je mehr Leute die Sachen hören, desto mehr Gedanken macht man sich ja auch darum, ob und was man so raushaut. Eigentlich auch Quatsch, aber ist halt so.“

Was nervt dich an dieser Zeit, die sich in allen Bereichen vornehmlich online abspielt?
F: „Zu viel Fokus auf Social Media und zu wenig Fokus auf die Musik. Ich habe letztens bei einem Festival in Frankreich die Ehre gehabt mit Pete Rock und ein paar anderen Leuten am gleichen Tisch Abend zu essen. Ein super netter Typ und natürlich krass, ihn kennengelernt zu haben. Aber er hat echt die gesamte Zeit nur am Handy gehangen.

 

Ich glaube, Pete Rock ist mittlerweile auch mehr auf Instagram als an der MPC. (lacht)

 

Auch die Selbstvermarktung ist eine andere geworden, man vermarktet sich nun vielmehr im Social Media sprichwörtlich selbst. Wie stehst du dazu?

F: „Eigentlich alles cool, so lange es nicht zu narzisstisch wird. Wer will am Tag 20 Selfies sehen?“

Bleiben wir bei Pete Rock: Wenn du heute die Chance hättest, mit einem Musiker deiner Wahl dich zu treffen und auszutauschen, wer wäre das?
F: „Wenn nur noch unter uns weilende Künstler erlaubt sind, dann Madlib. Anonsten J Dilla oder Bill Evans.
Generell sind aber die meisten Treffen mit Musikern interessant und motivierend.“

Und wenn du mit einem Künstler deiner Wahl zusammen arbeiten könntest?
F: „Momentan dann wohl Joey Badass, ich feier’ seine Sachen und denke, dass das ganz gut passen könnte.“

Wenn man relativ lange an einem Album arbeitet und man die Sachen immer wieder hört, wie ist es dann, wenn es rauskommt? Hört man sich es dann selber nochmal an? 
F: „Irgendwann hängt es einem natürlich doch schon irgendwie zum Hals raus. Dann hilft es oft mal ’ne Woche Abstand zu nehmen und danach weiter zu machen. Wenn das Album draußen ist, hört man – oder höre ich – sich natürlich einmal die Platte an. Dann aber erstmal nicht mehr. Interessant ist es nach einem Jahr nochmal reinzuhören. Wenn man es dann noch gut findet, ist es normalerweise ein gelungenes Release.“ (lacht)

INTERVIEW: Hulk Hodn

INTERVIEW: Suff Daddy

INTERVIEW: Dexter

Marcel Schlegel
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Schreibt viel und immer mit zwei Fingern. Mal über dies, mal mehr über das. Stärke: die Kommasetzung. Punkt. Ein Werdegang in Linkform – hier: http://bit.ly/2ajtdCU

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