Das Internationale Trickfilm-Festival Stuttgart, kurz, ITFS gehört mittlerweile zum Kessel dazu wie die Stäffele und der Feinstaub! Nun geht das Festival mit dem Open Air Kino auf dem Schlossplatz vom 2. bis 7. Mai in eine neue Runde – die sage und schreibe 24. Natürlich wieder im Angebot: Animationsfilme en masse. Wir sprachen mit einem, der sich auskennt: Ulrich Wegenast, genannt „Uli“, seines Zeichens künstlerischer Geschäftsführer des ITFS. Maz ab!
Ein Interview von Maren
Beginnen wir mit einer Tatsachte, die viele vermutlich nicht wissen: Das ITFS wurde 1982 von Professor Albrecht Ade und seinen Studenten an der Kunstakademie Stuttgart ins Leben gerufen. „Ziel war es die eigenen Animationsfilme einem größeren Publikum näher zu bringen und Kontakte in die internationale Trickfilmszene zu knüpfen“, verrät Ulrich Wegenast. Er selber sei über das Festival „Stuttgarter Filmwinter“, das er 1987 mit Freunden gegründet habe, 1993 zum Trickfilm-Festival gekommen, erzählt der künstlerische Geschäftsführer des ITFS. Zunächst habe er als Programmberater im Bereich des Studentenwettbewerbs „Young Animation“ gearbeitet. Step by Step intensivierte sich dann die Mitarbeit, bis er 2005 zum künstlerischen Geschäftsführer ernannt wurde. Animationsfilmen schreibt er eine ganz besondere Bedeutung zu:
U: „Animation ist eine wunderbare Hybridform zu Film, Kunst, Literatur und anderen Medien. Wie die Oper saugt die Animation unterschiedlichste Stile und Einflüsse auf und schafft faszinierende und ungesehene Welten. Gleichzeitig kann Animation sehr pointiert und überspitzt Geschichten erzählen.“
Momentan seien auch die Schnittstellen zu Games und Virtual Reality sehr spannend, weil dort neue Erzählformen ausgelotet werden, erklärt Uli. Die Motivation hinter dem Festival sei zunächst die weltweit besten Animationsfilme zu zeigen. Mit über 2.000 Einreichungen aus 88 Ländern haben sie eine gute Auswahl, findet er. Darüber hinaus möchten die Macher mit dem Festival Weltregionen des Animationsfilms vorstellen, die in Deutschland nicht so präsent sind.
U: „Das ITFS versteht sich auch immer als ein Labor, in dem die Zukunft des Films und der Medien erprobt wird. Darüber hinaus wollen wir mit den Events auf dem Schlossplatz, aber auch im Kino möglichst viele Menschen barrierefrei erreichen und unterhalten.”

Mittlerweile ist das ITFS nicht mehr aus dem Stadtleben wegzudenken.
Eine Facebook-Userin habe einmal geschrieben: „Ihr Frühling fängt mit dem Trickfilm-Festival an!“ Sehr viele Menschen in der Region Stuttgart identifizieren sich mit dem ITFS – seiner Internationalität, Kreativität und Offenheit. Ferner nennt Uli neben den kulturellen Aspekten auch wirtschaftliche Anknüpfungspunkte für die große Relevanz des ITFS. Die Hochschullandschaft in der Region Stuttgart mit der Filmakademie in Ludwigsburg, der Hochschule der Medien in Stuttgart und anderen Ausbildungsstätten werde beim Trickfilm-Festival genauso repräsentiert wie die Produktionslandschaft im Bereich Animation und Visual Effects. Professionals und Studierende aus der Region nutzen das Festival und seine Plattformen, um internationale Kontakte zu knüpfen, weiß der Trickfilm-Experte. Dabei hat das Festival bereits viele verschiedene Orte der Stadt eingenommen.
U: „Das Zentrum des ITFS ist das Open Air mit dem großen LED-Screen und die Innenstadtkinos Gloria und Metropole beim Schlossplatz. Alles ist zu Fuß sehr gut zu erreichen, was die überregionalen Gäste sehr schätzen. Gleichzeitig wollen wir aber die Möglichkeit nutzen mit Kooperationspartnern wie dem Mercedes-Benz Museum, der Wilhelma, der Stadtbibliothek oder dem Renitenztheater zu zeigen, was Stuttgart sonst noch zu bieten hat.”
Alle Programmpunkte in den unterschiedlichen Veranstaltungsorten bieten ganz besondere Erlebnisse, die auch auf die Locations hin zugeschnitten sind.

So gibt es zum Beispiel spezifische Kinderprogramme im Mercedes-Benz Museum und in der Wilhelma. In der GameZone im Kunstgebäude kommen Spielfreunde auf ihre Kosten und können die neuesten und innovativsten Computerspiele ausprobieren. Das diesjährige Festival steht mit dem Motto „Animation without Borders“ ganz im Zeichen der Grenzenlosigkeit – was hat es denn damit auf sich? Als internationales Festival wollen Ulrich Wegenast und sein Team deutlich machen, dass sie in einer Zeit, in der man wieder mehr über Grenzen als über Freiheit spräche, für Offenheit und kulturelle Vielfalt stünde. Aber auch das Medium der Animation sei grenzenlos, was Stile, Techniken und Themen anbelangt, führt Uli aus.
Wir betrachten Internationalität als Bereicherung und nicht als Bedrohung.
U: „Mittlerweile findet sich diese Grenzenlosigkeit auch bei den Vertriebskanälen wieder. Animationsfilm findet eben schon lange nicht mehr nur im Kino oder Fernsehen, sondern genauso auf dem Mobiltelefon, im öffentlichen Raum oder im Computerspiel statt.“
Zu guter Letzt wollen wir noch den ultimativen Geheimtipp ergattern und fragen Uli, worauf er sich beim kommenden Festival am meisten freut. Sein persönliches Highlight: Die Music & Animation-Veranstaltung „Cat and Mouse“ in der Musikhalle Ludwigsburg (Samstag, 6. Mai). Dort findet die Vorpremiere statt, bevor das Stück dann offiziell im Village Underground in London seine Uraufführung feiert!

U: „Der Animator Paul Barritt, bekannt für weltweit herausragende Operninszenierungen mit animierten Bühnenbildnern (Sydney Opera House, Komische Oper Berlin, Salzburger Festspiele), kommt mit eigener Band und Schauspielern und hat eine spannende Show zwischen 30er Jahre-Cartoon, politischem Kabarett und nicht ganz jugendfreiem Fetischismus im Gepäck. Eine wilde Mischung aus Live-Musik, Storytelling und Trickfilm.“
Klingt nach ‘nem heißen Tipp. Danke für das Gespräch, Uli!