Unser Stuttgart ist schon ein wunderbarer Ort, aber auch in anderen Ländern soll es scheinbar ganz schöne Flecken geben. Und diese wollen wir euch in unserer losen Serie „Raus aus dem Kessel” vorstellen.
Ein Beitrag von Jaydee
Patagonia – nicht erst seit die Daunenjacke eines jeden modebewussten Mittfünfzigers diesen Namen auf der Brust trägt, war ich fasziniert von dieser außergewöhnlichen Region. Dabei bin ich nicht der typische Backpacker/Abenteurer/Aussteiger.
Im Gegenteil: Ich schätze es täglich warm zu duschen, ein Holzfällerhemd besitze ich nicht und mein Bartwuchs entspricht dem eines fünfjährigen Mädchens.
Trotzdem erreicht man irgendwann einen Punkt im Leben, an dem eine Woche Vollrausch am überfüllten Strand von Lloret de Mar einfach nicht mehr der Traumvorstellung eines Urlaubs entspricht. Da kam es wie gerufen, dass meine Freundin ein Auslandssemester in Chile verbringen wollte, Spanisch spricht und für ihr Leben gerne reist – und noch besser: Reisen plant.
Hard Facts
Wo war ich? – Chile und Argentinien
Wie bin ich hin? – Flug mit Alitalia von FFM über Rom nach SCL
Wie lange war ich da? – Vier Wochen
Was hat’s gekostet? – Flug knapp unter 700€
Wann war ich da? – Januar/Februar
Horcon
Nach drei Blockbustern und einem sehr ausgedehnten Schläfchen hieß es „Bienvenidos a Santiago“. Allerdings nur für einen kurzen Zwischenstopp. Für mich ging es sofort weiter ins etwa drei Stunden entfernte Horcon. Die kleine Stadt am Meer scheint bei Touristen eher unbekannt zu sein. Zumindest bei Nicht-Chilenen. Wir waren die einzigen Gringos weit und breit. Vielleicht hielten sie die nicht vorhandenen Straßen ab. Für alle, die es gerne ruhig mögen, absolut zu empfehlen!
Valparaiso
Der nächste Stopp war Valparaìso. Kulturhauptstadt, Muse Pablo Nerudas und Weltkulturerbe – ich lernte hier, dass Empanadas eine durchaus valide Alternative zum nächtlichen Döner sind und „Un café por favor“ bedeutet, dass ich gerne eine Tasse heißes Wasser und dazu einen Löffel Instant-Pulver möchte.
Unser nächstes Ziel war Ushuaia. Die südlichste Stadt der Welt. Zunächst ging es mit dem Flieger nach Punta Arenas. Hier verbrachte ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Nacht in einem Hostel mit Mehrbettzimmer. An dieser Stelle möchte ich einen weisen Mann zitieren: „I’m too old for this shit!“
Von Punta Arenas ging es mit dem Bus weiter in Richtung Süden. Die Fahrt dauerte etwa zehn Stunden, allerdings war der Blick aus dem Fenster immer wieder beeindruckend. Auch die Fährfahrt zwischendurch bot Abwechslung. Trotzdem empfehle ich vorher einen Haufen Podcasts runterzuladen!
Ushuaia
Ushuaia trägt den dramatischen Beinamen „Fin del mundo“ – das Ende der Welt. Ein bisschen fühlte es sich auch so an. Nur mit besserem Wifi. Der Stadtkern von Ushuaia ist sogar hässlicher als die Königstraße. Ein Outdoor- und Souvenirshop nach dem anderen und neben den ganzen Backpackern kommen auch noch reiche Kreuzfahrttouristen dazu. Wandert man allerdings nur ein paar Meter aus der Stadt heraus auf einen der Aussichtspunkte, wird es gleich viel schöner. Und der Nationalpark Tierra del Fuego ist auch nicht weit.
El Calafate
Die nächste Station war El Calafate. Auch hier gibt es wahnsinnig viele Hostels, Kioskos, Bars, Restaurants und einen Outdoorshop nach dem anderen. Allerdings fällt es hier nicht unangenehm auf. Liegt vielleicht an der deutlich schöneren Architektur. Vielleicht aber auch nur daran, dass zur Abwechslung mal die Sonne länger als 10 Minuten am Stück schien. Absoluter Touri-Tipp: der Perito Moreno Gletscher!
Torres del Paine
Wer mit dem Rucksack durch Patagonien reist, wird unweigerlich gefragt werden, ob er schon im Torres del Paine Nationalpark war. Und unweigerlich wird jeder Chilene dabei ins Schwärmen geraten. Und was soll ich sagen? Der Hype ist real!
Neben Unmengen von Backpackern, einem eigenen Patagonia Shop und Wifi an so gut wie jedem Campingplatz gibt es nämlich vor allem eins: unfassbar schöne Landschaften! Also wirklich unfassbar.
Allerdings war von den „Türmen im blauen Himmel“, was Torres del Paine grob übersetzt bedeutet, nicht so viel zu sehen. Unseren Versuch den Türmen näher zu kommen, mussten wir nach drei Stunden wegen des anhaltenden Regens und dichten Nebels abbrechen. Um bei dem Wetter noch sechs Stunden weiter zu wandern fehlt mir einfach der Vollbart!
GOOD TO KNOW:
- Sowohl in Chile als auch in Argentinien wird Instant Kaffee getrunken. Normalen Kaffee gibt es nur in den Hipster-Cafés und amerikanischen Ketten.
- Nehmt genug Geld mit! Ihr denkt ihr habt genug dabei? Nehmt mehr mit!
- Lernt Spanisch! Nur die wenigsten können wirklich Englisch.
- Versucht auf gar keinen Fall mit Obst eine Chilenische Grenze zu überqueren. Auch wenn ihr nur aus Argentinien einreist. Da verstehen die keinen Spaß!
- Macht euch keine Sorgen: Es gibt überall gutes Bier.
- Steckdosenadapter könnt ihr getrost zu Hause lassen. Deutsche Stecker passen auch so.
- Regenkleidung und wasserdichte Schuhe sind in Patagonien essentiell! Das Wetter wechselt gefühlt alle fünf Minuten und es regnet wirklich fast täglich.
- Bucht alles im Voraus: Wer spontan einfach mal eine Nacht länger auf dem Campingplatz bleiben will, wird wahrscheinlich knallhart ausgelacht. Und dann rausgeworfen.
- Pisco schmeckt am Besten mit Sprite und einem Spritzer Limette.
- Gewöhnungsbedürftig: Toilettenpapier gehört in den Eimer neben dem Klo und nicht ins Klo.